Jobsharing in Führungspositionen: Arbeitsmodell für die Zukunft?
Den Chefsessel teilen: Chancen durch Führungskräfte in Teilzeit.
Lange Zeit war das Jobsharing in Führungspositionen in vielen Bereichen und Unternehmen nahezu undenkbar. Heute ist es ein Arbeitsmodell, dass in Zeiten des Fachkräftemangels immer mehr in den Fokus rückt, um schwer besetzbare Positionen zeitnah mit qualifizierten Fachkräften zu besetzen.
Jobsharing gewinnt insbesondere als innovativer Ansatz zur Förderung von Diversität und Flexibilität zunehmend an Bedeutung. Aber was genau steckt hinter diesem Konzept und welche Vorteile bietet das Jobsharing sowohl Arbeitnehmern* als auch Arbeitgebern? Handelt es sich vielleicht um ein Arbeitsmodell, welches von HR zukünftig verstärkt als Möglichkeit in Betracht gezogen werden sollte?
Was ist Jobsharing in Führungspositionen?
Aus der Politik kennen wir das Jobsharing als Arbeitsmodell bereits – denn immer häufiger setzen die Parteien auf ein Führungsduo, welches sich den Partei-Vorsitz teilt. Jobsharing bezeichnet eine Arbeitsform, bei der zwei oder auch mehrere Personen eine Vollzeitstelle teilen, indem sie die Verantwortlichkeiten und Arbeitszeiten untereinander aufteilen. Im Kontext von Führungspositionen bedeutet dies, dass zum Beispiel zwei Manager* gemeinsam eine Leitungsrolle übernehmen. Diese teilen sich dann die Aufgaben, Entscheidungen und Verantwortlichkeiten, oft basierend auf ihren individuellen Stärken, Vorlieben und Fachgebieten.
Warum ist Jobsharing immer gefragter?
Die Vereinbarkeit von Beruf und Karriere ist in der heutigen Arbeitswelt ein großes Thema. Immer mehr Arbeitnehmer wünschen sich mehr freie Zeit für Hobbies, Kinderbetreuung oder die Pflege näherer Verwandte. Leider ist damit oftmals ein Karriereeinbruch verbunden.
Noch immer haben wir ein großes Geschlechter-Ungleichgewicht in den Führungsetagen deutscher Unternehmen. Jobsharing ermöglicht Frauen oder auch Vätern den Zugang zu Führungspositionen, ohne auf eine Arbeitszeitreduzierung verzichten zu müssen. Mit dem stärker werdenden Wunsch nach einer positiven Work-Life-Balance wird auch das Jobsharing als mögliches Arbeitsmodell immer gefragter.
Vorteile von Jobsharing in der Führungsetage
Jobsharing – sofern richtig umgesetzt – bietet sowohl für das Führungsduo, als auch für das Unternehmen eine Reihe an Vorteilen. Insbesondere in einer Zeit, in der der Ruf nach einer flexibleren Arbeits(zeit)gestaltung immer größer wird, ist Jobsharing unbestreitbar ein wichtiges, zukunftfähiges HR-Instrument, um Mitarbeitern* flexible Arbeitsmodelle zu ermöglichen. Und zwar solche, die weit über klassische Teilzeitlösungen hinausgehen können.
Das Führen in Teilzeit eröffnet Arbeitnehmern* und Arbeitgebern eine Menge an Vorteilen, die langfristig positive Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben:
- Vielfalt und Inklusion: Jobsharing ermöglicht eine größere Vielfalt in Führungspositionen, da Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, Erfahrungsschatz und Perspektiven im Tandem zusammenarbeiten. Auch Fachkräfte aus dem Ausland oder sogar Berufseinsteiger* können vom Jobsharing profitieren, da sie mit erfahrenen Kollegen* zusammenarbeiten können. Eine inklusivere Unternehmenskultur stärkt langfristig das Employer Branding des Arbeitgebers.
- Flexibilität und Work-Life-Balance: Führungskräfte haben es oftmals schwer, eine ausgewogene Work-Life-Balance zu finden. Durch Jobsharing können sie Verantwortung übertragen und gleichzeitig mehr Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten und persönliche Angelegenheiten genießen. Führungskräfte, die dieses Arbeitsmodell einmal für sich entdeckt haben, genießen die privaten Vorteile und bleiben dem Unternehmen so oftmals länger treu.
- Kontinuität und Resilienz: Durch das Teilen von Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen zwei Personen wird die Kontinuität in der Führungsrolle gewährleistet. Urlaubszeiten, Krankheitsfälle oder unvorhergesehene Ereignisse können durch Vertretung besser abgedeckt werden, was die Resilienz des Teams und der Organisation stärkt. Somit steht meist immer ein Ansprechpartner für das Team zur Verfügung.
- Vielfalt der Kompetenzen: Zwei Personen mit unterschiedlichen Stärken, Hintergründen und Fähigkeiten können sich ergänzen und somit ein breiteres Spektrum an Kompetenzen in die Führungsrolle einbringen. Dies kann zu kreativen Lösungsansätzen und effektiveren Entscheidungsprozessen führen. Gleichzeitig können somit komplexe, schwer besetzbare Positionen bedarfsgerechter besetzt werden.
- Erfahrene Führungskräfte halten: Erfahrende Führungskräfte verfügen über wertvolles Unternehmenswissen, mit dem sie sich gewinnbringend ins Unternehmen einbringen können. Jobsharing bietet ihnen die Möglichkeit, mehr Zeit für ihr Privatleben zu haben, ohne sich gänzlich von dem Unternehmen zu verabschieden. Dadurch können Unternehmen qualifizierte Fachkräfte binden, die aus persönlichen Gründen in Teilzeit arbeiten möchten.
- Wissensgewinn und -transfer: Durch die Doppelbesetzung einer Führungsposition profitieren Unternehmen von einem höheren Wissensaustausch und minimieren dadurch gleichzeitig den Wissensverlust bei Abwanderungen. Jobsharing kann somit erheblich zum Wissenstransfer im Unternehmen beitragen.
- Höhere Produktivität und Kreativität: Teilzeitkräfte nutzen ihre reduzierte Arbeitszeit oft effizienter, was zu einer insgesamt höheren Produktivität führen kann. Ein gut eingespieltes Team kann zudem die Kreativität beflügeln und zu vielfältigen Lösungsansätzen führen.
Das Führungsduo: Herausforderungen und Lösungsansätze
Natürlich bringt Jobsharing auch eine Reihe an Herausforderungen mit sich. Die Koordination und Kommunikation zwischen den Jobsharern erfordern eine klare Struktur und transparente Prozesse. Zudem müssen Rollen und Verantwortlichkeiten sorgfältig definiert werden, um Konflikte zu vermeiden.
Eine erfolgreiche Jobsharing-Partnerschaft erfordert ein starkes, gemeinsames Wertebewusstsein sowie eine stabile Vertrauensbasis zwischen dem Führungstandem. Der Abstimmungs- und Kommunikationsaufwand kann zusätzliche Zeit und Ressourcen kosten. Umso wichtiger ist es daher, dass das Führungsduo immer Hand in Hand arbeitet und so zu einem eingespielten Team wird.
Zu bedenken ist auch, dass mehrere Teilzeitstellen höhere Sozialabgaben nach sich ziehen können, was zu einer Erhöhung der Lohnkosten führt.
Führen in Teilzeit: Ein Umdenken findet bereits statt
Durchsetzen konnte sich Jobsharing als Arbeitsmodell in deutschen Unternehmen noch nicht. Eine Führungskraft in Teilzeit scheint für viele Personalleiter* noch immer nicht denkbar. Demgegenüber steht, nicht zuletzt entstanden durch die vergangenen Jahre der Corona-Pandemie, der zunehmende Wunsch nach einer ausgewogeneren Work-Life-Balance und damit nach einer Stundenreduzierung – und zwar immer häufiger auch in der Chefetage.
Ein Umdenken muss also zwangsläufig stattfinden – und ist auch bereits im Gange. Der DFK (Verband für Fach- und Führungskräfte) hat 10.000 Fach- und Führungskräfte zum Thema Jobsharing befragt. Laut der Umfrage ist der Großteil der Teilnehmer* (über 80 %) der Meinung, dass auch Führungspositionen in Teilzeit möglich sein sollten. Fast ebenso viele Befragte gehen davon aus, dass das Jobsharing in Führungspositionen in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Für HR-Abteilungen ist es daher wichtig, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen und die Entwicklung von Jobsharing-Modellen aktiv zu fördern. Dies kann durch Schulungen für Führungskräfte, die Implementierung flexibler Arbeitsrichtlinien und die Integration von Technologie zur erleichterten Zusammenarbeit erreicht werden.
Fazit: Jobsharing als Chance für die Zukunft
Jobsharing in Führungspositionen bietet eine spannende Möglichkeit, den Arbeitsplatz der Zukunft zu gestalten. Besonders in den Bereichen, die auf Vielfalt und Inklusion setzen, kann diese flexible Arbeitsform dazu beitragen, talentierte Mitarbeiter* anzuziehen und zu halten. Während einige Unternehmen noch zögern, ist Jobsharing in Führungspositionen auf dem besten Weg, sich zu einem wichtigen Bestandteil moderner Arbeitsstrukturen zu entwickeln. Es ist Zeit für HR, diese Chance zu ergreifen und neue Wege der Zusammenarbeit zu erkunden, um eine dynamischere und erfolgreiche Zukunft zu schaffen.
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Bilder: ©Khwanchai Phantongs Images, Canva